BALL, Hugo


Intermezzo

Ich bin der große Gaukler Vauvert.
In hundert Flammen lauf ich einher.
Ich knie vor den Altären aus Sand,
Violette Sterne trägt mein Gewand.
Aus meinem Mund geht die Zeit hervor,
Die Menschen umfaß ich mit Auge und Ohr.

Ich bin aus dem Abgrund der falsche Prophet,
Der hinter den Rädern der Sonne steht.
Aus dem Meere, beschworen von dunkler Trompete,
Flieg ich im Dunste der Lügengebete.
Das Tympanum schlag ich mit großem Schall.
Ich hüte die Leichen im Wasserfall.

Ich bin der Geheimnisse lächelnder Ketzer,
Ein Buchstabenkönig und Alleszerschwätzer.
Hysteria clemens hab ich besungen
In jeder Gestalt ihrer Ausschweifungen.
Ein Spötter, ein Dichter, ein Literat
Streu ich der Worte verfängliche Saat.



Totentanz


So sterben wir, so sterben wir.

Wir sterben alle Tage,

Weil es so gemütlich sich sterben läßt.

Morgens noch in Schlaf und Traum

Mittags schon dahin.

Abends schon zuunterst im Grabe drin.


Die Schlacht ist unser Freudenhaus.

Von Blut ist unsere Sonne.

Tod ist unser Zeichen und Losungswort.

Weib und Kind verlassen wir -

Was gehen sie uns an?

Wenn man sich auf uns nur

Verlassen kann.


So morden wir, so morden wir.

Wir morden alle Tage

Unsre Kameraden im Totentanz.

Bruder, reck dich auf vor mir,

Bruder, deine Brust

Bruder, der du fallen und sterben mußt.


Wir murren nicht, wir knurren nicht,

Wir schweigen alle Tage,

Bis sich vom Gelenke das Hüftbein dreht.

Hart ist unsere Lagerstatt

Trocken unser Brot.

Blutig und besudelt der liebe Gott.


Wir danken dir, wir danken dir,

Herr Kaiser, für die Gnade,

Daß du uns zum Sterben erkoren hast.

Schlafe nur, schlaf sanft und still,

Bis dich auferweckt,

Unser armer Leib, den der Rasen deckt.


Cabaret

Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf
und Pimpronella reizt ihn mit den roten Unterröcken.

Koko der grüne Gott klatscht laut im Publikum.

Da werden geil die ältesten Sündenböcke.


Tsingtara! Da ist ein langes Blasinstrument.

Daraus fährt eine Speichelfahne. Darauf steht: »Schlange«.

Da packen alle ihre Damen in die Geigenkästen ein

und verziehen sich. Da wird ihnen bange.


Am Eingang sitzt die ölige Camödine.

Die schlägt sich die Goldstücke als Flitter in die Schenkel.

Der sticht einer Bogenlampe die Augen aus.

Und das brennende Dach fällt herunter auf ihren Enkel.