ROSENLÖCHER, Thomas



Das Kamel


Es wandert das Kamel quer durch die Steppen,

die Last der Welt ein Stück voranzuschleppen,


und hockt sich hintem Hūgel hin und rastet,

da Dunkelheit auf seinem Höcker lastet,


bevor es weiterwanden in die Ferne

im Wechselschein der Monde und der Sterne.


im Morgenaufgang und im Mittagsglanz

mit nacktem Knie und kargem Quastenschwanz,


bis daß es eines Tages sonder Rast

für immer vortritt unter seiner Last,


worauf man sagt: Es blieb am Wegrand liegen,

den Mund im Sand, das Auge schwarz von Fliegen,


was auch nur heißt: Es wandert unverwandt,

nur noch ein dunkler Punkt am Himmelsrand,


der seinerseits beständig kleiner wird

und schon fast ganz im Wüstensand verflirrt,


indem vor ihm im Immerweitergehn

die längst versprochnen Nadelöhre stehn,


blitzend im Licht und derart riesengroß,

daß es hindurchgeht, stracks und mühelos,


und wieder größer wird mit jedem Schritt,

mit dem es in das Paradies eintritt,


wo unter Bäumen Lamm und Löwe harm

und dem Kamel scheel auf die Hōcker starrn,


daß es vor Scham glasklare Tränén weint,

bis endlich der Herr Jesus Christ erscheint,


der legt ihm segnend seine Hānde drein

und ebnet endlich beide Hōcker ein.