SCHILLER, Friedrich von



Don Carlos

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Domingo. Die schönen Tage in Aranjuez

Sind nun zu Ende. Eure königliche Hoheit

Verlassen es nicht heiterer. Wir sind

Vergebens hier gewesen. Brechen Sie

Dies räthselhafte Schweigen. Oeffnen Sie

Ihr Herz dem Vaterherzen, Prinz. Zu theuer

Kann der Monarch die Ruhe seines Sohns –

Des einz'gen Sohns – zu theuer nie erkaufen.

(Carlos sieht zur Erde und schweigt.)

Wär' noch ein Wunsch zurücke, den der Himmel

Dem liebsten seiner Söhne weigerte?

Ich stand dabei, als in Toledos Mauern

Der stolze Carl die Huldigung empfing,

Als Fürsten sich zu seinem Handkuß drängten

Und jetzt in einem – einem Niederfall

Sechs Königreiche ihm zu Füßen lagen –

Ich stand und sah das junge stolze Blut

In seine Wangen steigen, seinen Busen

Von fürstlichen Entschlüssen wallen, sah

Sein trunknes Aug durch die Versammlung fliegen,

In Wonne brechen – Prinz, und dieses Auge

Gestand: ich bin gesättigt. (Carlos wendet sich weg.)

Dieser stille

Und feierliche Kummer, Prinz, den wir

Acht Monde schon in Ihrem Blicke lesen,

Das Räthsel dieses ganzen Hofs, die Angst

Des Königreichs, hat Seiner Majestät

Schon manche sorgenvolle Nacht gekostet,

Schon manche Thräne Ihrer Mutter

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Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande

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Philipp der Zweite sieht die Frucht einer That verloren, die ihm seine fürstliche Ehre, und wer weiß, ob nicht den heimlichen Stolz seines stillen Bewußtseins kostet. Hartnäckig und ungewiß ringt mit dem Despotismus die Freiheit; mörderische Schlachten werden gefochten; eine glänzende Heldenreihe wechselt auf dem Felde der Ehre; Flandern und Brabant war die Schule, die dem kommenden Jahrhundert Feldherren erzog. Ein langer verwüstender Krieg zertritt den Segen des offenen Landes, Sieger und Besiegte verbluten, während daß der werdende Wasserstaat den fliehenden Fleiß zu sich lockte und auf den Trümmern seines Nachbars den herrlichen Bau seiner Größe erhub. Vierzig Jahre dauerte ein Krieg, dessen glückliche Endigung Philipps sterbendes Auge nicht erfreute, – der ein Paradies in Europa vertilgte und ein neues aus seinen Ruinen erschuf, der die Blüthe der kriegerischen Jugend verschlang, einen ganzen Welttheil bereicherte und den Besitzer des goldreichen Peru zum armen Manne machte. Dieser Monarch, der, ohne sein Land zu drücken, neunmalhundert Tonnen Goldes jährlich verschwenden durfte, der noch weit mehr durch tyrannische Künste erzwang, häufte eine Schuld von hundert und vierzig Millionen Ducaten auf sein entvölkertes Land. Ein unversöhnlicher Haß der Freiheit verschlang alle diese Schätze und verzehrte fruchtlos sein königliches Leben, aber die Reformation gedeihte unter den Verwüstungen seines Schwerts, und die neue Republik hob aus Bürgerblut ihre siegende Fahne.

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Maria Stuart

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LEICESTER nachdem er gelesen, ruhig.

Der Schein ist gegen mich, doch darf ich hoffen,

Daß ich nicht nach dem Schein gerichtet werde!

ELISABETH.

Könnt Ihr es leugnen, daß Ihr mit der Stuart

In heimlichem Verständnis wart, ihr Bildnis

Empfingt, ihr zur Befreiung Hoffnung machtet?

LEICESTER.

Leicht wäre mirs, wenn ich mich schuldig fühlte,

Das Zeugnis einer Feindin zu verwerfen!

Doch frei ist mein Gewissen, ich bekenne,

Daß sie die Wahrheit schreibt!

ELISABETH.

Nun denn,

Unglücklicher!

BURLEIGH.

Sein eigner Mund verdammt ihn.

ELISABETH.

Aus meinen Augen. In den Tower – Verräter!

LEICESTER.

Der bin ich nicht. Ich hab gefehlt, daß ich

Aus diesem Schritt dir ein Geheimnis machte,

Doch redlich war die Absicht, es geschah,

Die Feindin zu erforschen, zu verderben.

ELISABETH.

Elende Ausflucht –

BURLEIGH.

Wie, Mylord? Ihr glaubt –

LEICESTER.

Ich habe ein gewagtes Spiel gespielt,

Ich weiß, und nur Graf Leicester durfte sich

An diesem Hofe solcher Tat erkühnen.

Wie ich die Stuart hasse, weiß die Welt.

Der Rang, den ich bekleide, das Vertrauen,

Wodurch die Königin mich ehrt, muß jeden Zweifel

In meine treue Meinung niederschlagen.

Wohl darf der Mann, den deine Gunst vor allen

Auszeichnet, einen eignen kühnen Weg

Einschlagen, seine Pflicht zu tun.
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Wallensteins Tod
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Wallenstein. (steht auf, heftig bewegt)

Zeigt einen Weg mir an aus diesem Drang,

Hilfreiche Mächte! einen solchen zeigt mir,

Den ich vermag zu gehn--Ich kann mich nicht,

Wie so ein Wortheld, so ein Tugendschwätzer,

An meinem Willen wärmen und Gedanken--

Nicht zu dem Glück, das mir den Rücken kehrt,

Großtuend sagen: Geh! Ich brauch dich nicht!

Wenn ich nicht wirke mehr, bin ich vernichtet;

Nicht Opfer, nicht Gefahren will ich scheun,

Den letzten Schritt, den äußersten, zu meiden;

Doch eh' ich sinke in die Nichtigkeit,

So klein aufhöre, der so groß begonnen,

Eh' mich die Welt mit jenen Elenden

Verwechselt, die der Tag erschafft und stürzt,

Eh' spreche Welt und Nachwelt meinen Namen

Mit Abscheu aus, und Friedland sei die Losung

Für jede fluchenswerte Tat.
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Ein unsichtbarer Feind ist’s, den ich fürchte,

Der in der Menschen Brust mir widersteht,

Durch feige Furcht allein mir fürchterlich.


Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,

Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz

Gemeine ist’s, das ewig Gestrige,

Was immer war und immer wiederkehrt

Und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten!“
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Die Raüber
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Dritter Akt.

Erste Scene.

Amalia im Garten, spielt auf der Laute.

Schön wie Engel, voll Walhallas Wonne,

Schön vor allen Jünglingen war er,

Himmlisch mild sein Blick, wie Maiensonne,

Rückgestrahlt vom blauen Spiegelmeer.

Sein Umarmen – wütendes Entzücken! –

Mächtig, feurig klopfte Herz an Herz,

Mund und Ohr gefesselt – Nacht vor unsern Blicken –

Und der Geist gewirbelt himmelwärts.

Seine Küsse – paradiesisch Fühlen! –

Wie zwo Flammen sich ergreifen, wie

Harfentöne in einander spielen

Zu der himmelvollen Harmonie,


Stürzten, flogen, rasten Geist und Geist zusammen,

Lippen, Wangen brannten, zitterten, –

Seele rann in Seele – Erd und Himmel schwammen

Wie zerronnen um die Liebenden.

Er ist hin – Vergebens, ach! vergebens

Stöhnet ihm der bange Seufzer nach.

Er ist hin – und alle Lust des Lebens

Wimmert hin in ein verlornes Ach!
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Wilhelm Tell
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Geßler (zum Tell).
Ans Werk! Man führt die Waffen nicht vergebens.
Gefährlich ist's ein Mordgewehr zu tragen,
Und auf den Schützen springt der Pfeil zurück.
Dies stolze Recht, das sich der Bauer nimmt,
Beleidigt den höchsten Herrn des Landes.
Gewaffnet sei niemand, als wer gebietet.
Freut's euch, den Pfeil zu führen und den Bogen,
Wohl, so will ich das Ziel euch dazu geben.

Tell (spannt die Armbrust und legt den Pfeil auf).
Öffnet die Gasse! Platz!

Stauffacher .
Was, Tell? Ihr wolltet – Nimmermehr – Ihr zittert,
Die Hand erbebt Euch, Eure Knie wanken –

Tell (lässt die Armbrust sinken).
Mir schwimmt es vor den Augen!

Weiber .
Gott im Himmel!

Tell (zum Landvogt).
Erlasset mir den Schuss. Hier ist mein Herz!

(Er reißt die Brust auf.)

Ruft eure Reisigen und stoßt mich nieder!

Geßler .
Ich will dein Leben nicht, ich will den Schuss.
– Du kannst ja alles, Tell! An nichts verzagst du;
Das Steuerruder führst du wie den Bogen;
Dich schreckt kein Sturm, wenn es zu retten gilt.
Jetzt, Retter, hilf dir selbst – du rettest alle!

(Tell steht in fürchterlichem Kampf, mit beiden Händen zuckend und die rollenden Augen bald auf den Landvogt, bald zum Himmel gerichtet. – Plötzlich greift er in seinen Köcher, nimmt einen zweiten Pfeil heraus und steckt ihn in seinen Goller. Der Landvogt bemerkt alle diese Bewegungen.)

Walther Tell (unter der Linde).
Vater, schieß zu! Ich fürcht' mich nicht.

Tell .
Es muss!

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Kabale und Liebe

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Ferdinand allein, den Brief durchfliegend, bald erstarrend, bald wütend herumstürzend.


Es ist nicht möglich. Nicht möglich. Diese himmlische Hülle versteckt kein so teuflisches Herz – – Und doch! doch! Wenn alle Engel herunterstiegen, für ihre Unschuld bürgten – wenn Himmel und Erde, wenn Schöpfung und Schöpfer zusammenträten, für ihre Unschuld bürgten – es ist ihre Hand – ein unerhörter, ungeheurer Betrug, wie die Menschheit noch keinen erlebte! – Das also wars, warum man sich so beharrlich der Flucht widersetzte! – Darum – o Gott! jetzt erwach ich, jetzt enthüllt sich mir alles! – Darum gab man seinen Anspruch auf meine Liebe mit soviel Heldenmut auf, und bald, bald hätte selbst mich die himmlische Schminke betrogen!


Er stürzt rascher durchs Zimmer, dann steht er wieder nachdenkend still.


Mich so ganz zu ergründen! – Jedes kühne Gefühl, jede leise, schüchterne Bebung zu erwidern, jede feurige Wallung – An der feinsten Unbeschreiblichkeit eines schwebenden Lauts meine Seele zu fassen – Mich zu berechnen in einer Träne – Auf jeden gähen Gipfel der Leidenschaft mich zu begleiten, mir zu begegnen vor jedem schwindelnden Absturz – Gott! Gott! und alles das nichts als Grimasse? – Grimasse? – O wenn die Lüge eine so haltbare Farbe hat, wie ging es zu, daß sich kein Teufel noch in das Himmelreich hineinlog?

Da ich ihr die Gefahr unsrer Liebe entdeckte, mit welch überzeugender Täuschung erblaßte die Falsche da! Mit welch siegender Würde schlug sie den frechen Hohn meines Vaters zu Boden, und in eben dem Augenblick fühlte das Weib sich doch schuldig – Was? hielt sie nicht selbst die Feuerprobe der Wahrheit aus – die Heuchlerin sinkt in Ohnmacht. Welche Sprache wirst du jetzt führen, Empfindung? Auch Koketten sinken in Ohnmacht. Womit wirst du dich rechtfertigen, Unschuld – Auch Metzen sinken in Ohnmacht.

Sie weiß, was sie aus mir gemacht hat. Sie hat meine ganze Seele gesehn. Mein Herz trat beim Erröten des ersten Kusses sichtbar in meine Augen – und sie empfand nichts? Empfand vielleicht nur den Triumph ihrer Kunst? – Da mein glücklicher Wahnsinn den ganzen Himmel in ihr zu umspannen wähnte? Meine wildesten Wünsche schwiegen? Vor meinem Gemüt stand kein Gedanke als die Ewigkeit und das Mädchen – Gott! da empfand sie nichts? Fühlte nichts, als ihren Anschlag gelungen? Nichts, als ihre Reize geschmeichelt? Tod und Rache! Nichts, als daß ich betrogen sei?

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