HUCH, Ricarda
Eine Straße der Schmerzen
Eine Straße der Schmerzen
Zwischen hohen Häusern schmal,
Eine Straße der Qual
Bin ich gegangen, Schwerter im Herzen.
Wo mein Blut getropft,
Kann sichs nicht entwöhnen.
Horch, wie es dumpf klopft,
Wie Trommeln im Trauermarsch tönen.
Wenn ich nicht mehr weine,
Längst mein Name verweht,
Durch die Straße mein Schritt geht,
Klopft mein klagendes Blut auf die Steine.
Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum
Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum.
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.
Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende,
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!
Liebesreime XXI.
Tief ist der Abgrund, der uns trennt,
Du darfst den kühnen Sprung nicht wagen;
Kein einzig Wort darf ich dir sagen,
Wie sehr mein Herz nach deinem brennt.
Nur neige dich ein wenig noch,
Dann schau' ich deine Augen doch,
Ob sie auch braun noch sind wie einst,
Seit du so viele Tränen weinst.
Die letzte Nacht
Schon senkt sich still die letzte Liebesnacht,
Ein schöner Dämon mit besternten Schwingen;
Sie nimmt uns auf und trägt uns schwebend sacht
Durch alle Himmel, die gelind erklingen.
Verlaß uns nicht! Der Tag ist nicht mehr weit,
Sein Goldroß steigt herauf im dumpfen Trabe --
O nimm uns mit ins Meer Vergangenheit,
Daß es mit dir auf ewig uns begrabe.
Noch einmal dem Nichts entstiegen
Noch einmal dem Nichts entstiegen,
Noch einmal aus Flammen neu,
Seh ich dich im Morgen liegen,
Schöne Welt, dem Treuen treu.
Komm, begegne meinem Hoffen,
Gib an Lust und Schmerz mein Teil,
Gläubig steht mein Busen offen
Deinem Blitz und Todespfeil.
Wo hast du all die Schönheit hergenommen
Wo hast du all die Schönheit hergenommen
Du Liebesangesicht, du Wohlgestalt!
Um dich ist alle Welt zu kurz gekommen.
Weil du die Jugend hast, wird alles alt,
Weil du das Leben hast, muß alles sterben,
Weil du die Kraft hast, ist die Welt kein Hort,
Weil du vollkommen bist, ist sie ein Scherben,
Weil du der Himmel bist, gibts keinen dort!