HOFMANNSTHAL, Hugo von
Erlebnis
Mit silbergrauem Dufte war das Tal
Der Dämmerung erfüllt, wie wenn der Mond
Durch Wolken sichert. Doch es war nicht Nacht.
Mit silbergrauem Duft des dunklen Tales
Verschwammen meine dämmernden Gedanken.
Und still versank ich in dem wehenden,
Durchtsichtgen Meere und verließ das Leben.
Wie wunderbare Blumen waren da
Mit Kelchen dunkelblühend! Pflanzendickicht;
Durch das ein gelbrot Licht wie von Topasen
in warmen Strömen drang und glomm. Das Ganze
War angefüllt mit einem tiefen Schwellen
Schwermütiger Musik. Und dieses wußt ich,
Das ist derTod. Der is Musik geworden,
Gewaltig sehnend, suß und dunkelglühend,
Verwandt der tiefsten Schwermut.
Aber seltsam!
Ein namenlos Heimweh weinte lautlos
In meiner Seele nach dem Leben, weinte,
Wie einer weint, wenn er auf großem Seeschiff
Mit gelben Riesensegeln gegen Abend
Auf dunkelblauem Wasser an der Stadt,
Die Vaterstadt vorüberfährt. Da sieht er
Die Gassen, hört die Brunnen rauschen, riecht
Den Duft der Fliederbüsche, sieht sich selber,
Ein Kind, am Ufer stehn, mit Kindsaugen,
Die ängstlich sind, und weinen wollen, sieht
Durchs offne Fenster Licht in seinem Zimmer -
Das große Seeschiff aber trägt ihn weiter
Auf dunkelblauem Wasser lautlos gleitend
Mit gelben, fremdgeformten Riesensegeln.
Was ist die Welt?
Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,
Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,
Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,
Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht
Und jedes Menschen wechselndes Gemüt,
Ein Strahl ists, der aus dieser Sonne bricht,
Ein Vers, der sich an tausend andre flicht,
Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.
Und doch auch eine Welt für sich allein,
Voll süß-geheimer, nievernommner Töne,
Begabt mit eigner, unentweihter Schöne,
Und keines Andern Nachhall, Widerschein.
Und wenn du gar zu lesen drin verstündest,
Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Manche freilich
Manche freilich müssen drunten sterben,
Wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,
Andre wohnen bei dem Steuer droben,
Kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.
Manche liegen immer mit schweren Gliedern
Bei den Wurzeln des verworrenen Lebens,
Andern sind die Stühle gerichtet
Bei den Sibyllen, den Königinnen,
Und da sitzen sie wie zu Hause,
Leichten Hauptes und leichter Hände.
Doch ein Schatten fällt von jenen Leben
In die anderen Leben hinüber,
Und die leichten sind an die schweren
Wie an Luft und Erde gebunden:
Ganz vergessener Völker Müdigkeiten
Kann ich nicht abtun von meinen Lidern,
Noch weghalten von der erschrockenen Seele
Stummes Niederfallen ferner Sterne.
Viele Geschicke weben neben dem meinen,
Durcheinander spielt sie alle das Dasein,
Und mein Teil ist mehr als dieses Lebens
Schlanke Flamme oder schmale Leier.
Lebenslied
Den Erben laß verschwenden
An Adler, Lamm und Pfau
Das Salböl aus den Händen
Der toten alten Frau!
Die Toten, die entgleiten,
Die Wipfel in dem Weitem –
Ihm sind sie wie das Schreiten
Der Tänzerinnen wert!
Er geht wie den kein Walten
Vom Rücken her bedroht.
Er lächelt, wenn die Falten
Des Lebens flüstern: Tod!
Ihm bietet jede Stelle
Geheimnisvoll die Schwelle;
Es gibt sich jeder Welle
Der Heimatlose hin.
Der Schwarm von wilden Bienen
Nimmt seine Seele mit;
Das Singen von Delphinen
Beflügelt seinen Schritt:
Ihn tragen alle Erden
Mit mächtigen Gebärden.
Begrenzt den Hirtentag!
Das Salböl aus den Händen
Der toten alten Frau
Laß lächeln ihn verschwenden
An Adler, Lamm und Pfau:
Er lächelt der Gefährten. –
Die schwebend unbeschwerten
Abgründe und die Gärten
Des Lebens tragen ihn.
Vorfrühlinhg
Es läuft der Frühlingswind
Durch kahle Alleen,
Seltsame Dinge sind
In seinem Wehn.
Er hat sich gewiegt,
Wo Weinen war,
Und hat sich geschmiegt
In zerrüttetes Haar.
Er schüttelte nieder
Akazienblüten
Und kühlte die Glieder,
Die atmend glühten.
Lippen im Lachen
Hat er berührt,
Die weichen und wachen
Fluren durchspürt.
Er glitt durch die Flöte
Als schluchzender Schrei,
An dämmernder Röte
Flog er vorbei.
Er flog mit Schweigen
Durch flüsternde Zimmer
Und löschte im Neigen
Der Ampel Schimmer.
Es läuft der Frühlingswind
Durch kahle Alleen,
Seltsame Dinge sind
In seinem Wehn.
Durch die glatten
Kahlen Alleen
Treibt sein Wehn
Blasse Schatten.
Und den Duft,
Den er gebracht,
Von wo er gekommen
Seit gestern nacht.
Über Vergänglichkeit
Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen:
Wie kann das sein, dass diese nahen Tage
Fort sind, für immer fort, und ganz vergangen?
Dies ist ein Ding, das keiner voll aussinnt,
Und viel zu grauenvoll, als dass man klage:
Dass alles gleitet und vorüberrinnt
Und dass mein eignes Ich, durch nichts gehemmt,
Herüberglitt aus einem kleinen Kind
Mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd.
Dann: dass ich auch vor hundert Jahren war
Und meine Ahnen, die im Totenhemd,
Mit mir verwandt sind wie mein eignes Haar,
So eins mit mir als wie mein eignes Haar.
Dein Antlitz
Dein Antlitz war mit Träumen ganz beladen.
Ich schwieg und sah dich an mit stummem Beben.
Wie stieg das auf! Daß ich mich einmal schon
In frühern Nächten völlig hingegeben
Dem Mond und dem zuviel geliebten Tal,
Wo auf den leeren Hängen auseinander
Die magern Bäume standen und dazwischen
Die niedern kleinen Nebelwolken gingen
Und durch die Stille hin die immer frischen
Und immer fremden silberweißen Wasser
Der Fluß hinrauschen ließ – wie stieg das auf!
Wie stieg das auf! Denn allen diesen Dingen
Und ihrer Schönheit – die unfruchtbar war –
Hingab ich mich in großer Sehnsucht ganz,
Wie jetzt für das Anschaun von deinem Haar
Und zwischen deinen Lidern diesen Glanz!
Melusine
Im Grünen geboren,
Am Bache gefreit,
Wie ist mir das Leben,
Das liebe, so weit!
Heut hab ich geträumt
Von dem Wasser tief,
Wo ich im Dunkel
Nicht schlief, nicht schlief!
Was sich im Weiher
Spiegeln ging,
In meinen wachen
Augen sich fing:
Die traurigen Bäume,
Durch die es blinkt,
Wenn der Ball, der große,
Rot-atmend sinkt,
Die blassen Mädchen,
Die lautlos gehn,
Mit weißen Augen
Ins Dunkel sehn,
Und der Waldfrauen
Flüsternde Schar,
Mit Laub und Kronen
Im offenen Haar ...
Rotgoldne Kronen?
Und Perlschnüre schwer?
Ich hab es vergessen,
Ich finds nimmermehr.
die von nichts wissen, wachsen auf und sterben, und alle Menschen gehen ihre Wege.
und fallen nachts wie tote Vögel nieder und liegen wenig Tage und verderben.
vernehmen wir und reden viele Worte und spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.
sind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen, und drohende, und totenhaft verdorrte...
einander nie ? Und sind unzählig viele ? Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?
die wir doch groß und ewig einsam sind und wandernd nimmer suchen irgend Ziele ?
Und dennoch sagt der viel, der "Abend” sagt, ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt
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zij weten niets, zij groeien op en sterven, en alle mensen gaan hun gang.
en vallen 's nachts als dode vogels neer en liggen een paar dagen en bederven.
horen we en zeggen we veel woorden en voelen verlangen en moeheid in de leden.
zijn er hier en daar, vol fakkels, bomen, plassen, en bedreigend en dodelijk vertreden....
ze nooit? En zijn er ontelbaar vele? Waarom lachen, huilen en dan weer wijken?
wij die toch groots en eeuwig eenzaam zijn en zwervend nimmer ergens doelen stellen?
En toch zegt hij die "'n avond" wenst, heel veel, een woord, waaruit weemoed en treurnis wellen.
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Harlekin
Lieben, Hassen, Hoffen, Zagen,
alle Lust und alle Qual,
alles kann ein Herz ertragen
einmal um das andere Mal.
Aber weder Lust noch Schmerzen,
abgestorben auch der Pein,
das ist tödlich deinem Herzen,
und so darfst du mir nicht sein !
Mußt dich aus dem Dunkel heben,
wär' es auch um neue Qual,leben mußt du, liebes Leben,
leben noch dies eine Mal!
Die Töchter der Gärtnerin
Die eine füllt die großen Delfter Krüge,
Auf denen blaue Drachen sind und Vögel,
Mit einer lockern Garbe lichter Blüten:
Da ist Jasmin, da quellen reife Rosen
Und Dahlien und Nelken und Narzissen ...
Darüber tanzen hohe Margeriten
Und Fliederdolden wiegen sich und Schneeball
Und Halme nicken, Silberflaum und Rispen ...
Ein duftend Bacchanal ...
Die andre bricht mit blassen feinen Fingern
Langstielige und starre Orchideen,
Zwei oder drei für eine enge Vase ...
Aufragend mit den Farben die verklingen,
Mit langen Griffeln, seltsam und gewunden,
Mit Purpurfäden und mit grellen Tupfen,
Mit violetten, braunen Pantherflecken
Und lauernden, verführerischen Kelchen,
Die töten wollen ...
Canticum canticorum IV. 12-16
Du bist der verschlossene Garten,
Deine kindischen Hände warten,
Deine Lippen sind ohne Gewalt.
Du bist die versiegelte Quelle,
Des Lebens starre Schwelle,
Unwissend herb und kalt.
Nimm, Wind von Norden, Flügel,
Lauf, Südwind, über die Hügel
Und weh durch diesen Hain!
Laß alle Düfte triefen,
Aus starren Schlafes Tiefen
Das Leben sich befrein!
Reiselied
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.
Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegeln ohne Ende
In den alterslosen Seen.
Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.