ULLMANN, Günter
Der Frühling, der Frühling, das wilde Kind
Der Frühling, der Frühling, das wilde Kind
lutscht jetzt schon Eis von Feld und Straße
und malt dem Winter ins Schneegesicht
riesengroß eine Knollennase.
Der Frühling, der Frühling, das wilde Kind
zieht aus dem Fenster die eisigen Zähne.
Er steigt dem Winter aufs Dach und bläst
von Baum und Strauch die Greisenmähne.
Der Frühling, der Frühling, das wilde Kind
lässt Bäche, Mensch und Vögel singen
und ruft alle Blumen aus dem Haus.
Der Winter muss in ´n Kühlschrank springen.
Die Blätter tanzen im Herbst
Die Blätter tanzen im Herbst
Im Garten und auf den Straßen.
Sie decken die Erde zu
und leuchten in allen Farben.
Die Blätter tanzen im Herbst
mit jedem Menschenkind.
Sie sind verliebt in dich
und in den stürmischen Wind.
Die Blätter tanzen im Herbst
und sprechen unter jedem Schritt.
Der Wind schickt sie hinterher.
Sie wollen alle mit.
Ich habe Angst vor dem Winter.
Ich habe Angst vor dem Winter.
Angst vor Eis und Schnee.
Die Blumen gehen alle weg.
Die Nase tut vor Kälte weh.
Ich habe Angst vor dem Winter,
Angst vor dem farblosen Baum.
Aber die Bäume werden wieder grün,
wie in meinem schönsten Traum.
Ich habe Angst vor dem Winter,
Angst vor der weißen Zeit -
Der Schlitten wartet das ganze Jahr,
und meine Schneeschuhe stehen bereit.
November
die nackten bäume starren
wie abgefressene
skelette in den roten
morgen
der himmel ist
leer und
brennt
die angefrorenen blätter
beginnen im
eisigen licht zu
leuchten
Alles Spricht
Alles spricht
der mensch das tier
die pflanze
selbst der stein lächelt
wenn du ihn sanft berührst
alles spricht
der himmel die erde
das wasser das feuer
nur wir sind blind und
taub
und verstehen uns
nicht