KRECHEL, Ursula
Die Taschenfrauen
Nicht nur heut am Mittwoch
bei Regen und Schneeglöckchen
gehen sie am Vorgarten entlang
vermummt in Schals und Mützen
kommen mit ihren Taschen so gegen elf
eilig vom Kaufmann an der Ecke
bei dem nur ein Scherz für sie abfällt
schleppen Blumenkohl und Möhren
Roggenbrot und Kräuterquark
in ihren tiefen Taschen
laufen den Kindern über den Weg
die schleppen aus der Schule
Ranzen, Turnschuhe, kneifen sich
raufen, hüpfen noch ein bißchen
dann in der Küche, wenn
die Taschenfrauen ihre tiefen Taschen
auspacken, alles in den Kühlschrank
möcht ich dabei sein, möcht sie
küssen und umarmen, wenn sie einmal
auf dem Grund der tiefen Taschen
suchen nach ihrem eigenen Leben.
Draußen
Mit den Wölfen heult schon das gerissene Lammfleisch
in Fellen gehen Polizisten umher und paaren sich
mit zweimotorigen Sägen. Früchte des müden Zorns
faulen im Laub unter Stapeln von Flugblättern.
Häher krächzen, kein Specht klopft ins Holz.
Altöl schlecken die Lämmer. Keines frißt aus der Hand.
Kehrmaschinen kriechen aus den Tälern, wirbeln Staub auf.
Die Lämmer ruhen gestärkt, blöken ins Frühjahr.
Keines frißt aus der Hand. Nach Seife riecht
die Welt, geronnener Milch und kurzem Atem
der Lärm des Waldes treibt uns nachhaus, schafsköpfig.
Kinosessel stürzen, im Himmel hängen moosige Matratzen.