BÖHME, Thomas
Ich & mein Tod
Jede Nacht gehe ich mit meinem Tod ins Bett.
Seine Knochen sind anschmiegsam und wie oft
ist ihm kalt; immer will er sich an mir wärmen.
Ehe er einschläft zählt er seine Schäfchen.
Die läßt er weiden auf grüner Au, aber ach
mal verirrt sich eins, mal fällt eins in den Reißwolf.
Schon rasselt sein Atem, schon grunzt er
im Traume. Es geht ihm nicht gut, denke ich, sicher
macht er sich Sorgen ich könnt ihm entwischen.
Mein Tod ist zu faul nachts aufs Klo zu gehen.
Früh um halb vier wechsle ich Decken & Laken.
Ich bin doch so löchrig
, jammert mein Tod.
Heller Tag: und wer nicht aus den Federn will
ist mein Tod. Seinen Kaffee verlangt er um Zwölf.
Und Himmel, die Zähne putzt er sich morgens nie!
Im Vexierbad
Im Morgengrau weckte mich eine Taube.
Sie scharrte auf meinem Fensterblech.
Ihr Gurren erinnerte mich an die Stimme Jane Birkins.
Ich stand grad mit diesem schmächtigen Blonden
der später als David Bowie von sich reden machte
am Tresen der Tankstellenbar
als sie sich umdrehte, Jane, die wir beide
für einen Jungen gehalten hatten.
Mit Händen, die ölverschmiert waren
schenkte sie Kaffee aus.
Wir starrten sie ungläubig an.
Der Kaffee war viel zu dünn.
Viel zu dünn fanden wir auch das Mädchen
das mit seiner Taubenstimme
in einen anderen Film gehörte,
einen Film mit Flamingos & zerzausten Franzosen.
Bowie rauchte & spielte nervös mit dem Feuerzeug.
Ich bestellte mir Whisky, verfluchte die Taube.
Draußen lichtete sich schon der Nebel.
Ich konnte nicht wieder einschlafen.
Auf dem Tresen hatten sich unsere Hände berührt.
Jetzt sah ich den Ölfleck auf meiner Decke.
Ich hatte es kommen sehen. Bowie hatte sich
wiedermal in seine ferne Galaxis verzogen.
Irgendwo dümpelte sein verbeultes Raumschiff
aus dem grelle Flammen schossen.
Der Morgen roch nach Benzin. Ich war wieder 13
& von Sternenstaub angefüllt.