MARIE MADELEINE
Ich sah dein Bild die ganze Nacht
Ich sah dein Bild die ganze Nacht,
und in mir stöhnte dumpf das Tier,
und mein Sehnsucht schrie nach dir
die ganze Nacht – die ganze Nacht.
Nach dir und deiner jungen Kraft,
die meiner Launen Trotz bezwungen,
O, wie du knieend mich umschlungen
in deiner tollen Leidenschaft.
Ich sehnte mich so sehr nach dir,
nach deiner Zimmer schwülen Düften,
nach deinen götterschlanken Hüften,
nach deiner Ringe goldner Zier.
Du lächelst stolz: "Ich hab's gewusst",
und weisst doch nicht, wie ich mich sehne,
zu graben meine Raubtierzähne
in deine nackte Jünglingsbrust.
Ich träumte von dir
Ich träumte von dir. – Eine Sommernacht,
fahlblau und zitternd über dem Sund,
in deines Goldhaar's lockige Pracht
hineingewühlt mein brennender Mund.
Alle Nordlandklippen sind nicht so weiss
wie deine leuchtende Schlankheit,
und kein Feuer der Hölle brennt so heiss
wie meines Herzens Krankheit.
All meine Gluten nur dir! nur dir!
Deine bösen Augen schienen
zwei abgrundleuchtende Fjorde mir - -
meine Seele versank in ihnen.
Mein schwarzumschattetes Augenpaar
soll dir entgegengluten,
und es soll mein wildes dunkles Haar
über deine Schultern fluten.
Mit meinem weichen, wollüstigen Mund
will ich dein Herzblut trinken
in der Sommernacht, in der Mitternachtsstund,
wenn die Wellen singen und winken.
Das wahnsinnbringende Mondenlicht
mit seiner kranken Blässe
überleuchtet totenhaft dein Gesicht,
indess ich mich an dich presse.
Ich träumte ja nur. – Ich sah einen Baum,
so jugendüppig, so frühlingsstark,
und ich sah eine Tropenblume im Traum,
die sich um ihn wand, und sie trank sein Mark.
Sie war sehr weiss. Und seltsam erschlafft
im Sonnenhauch einer fremden Flur.
Und sie trank sein Blut und trank seine Kraft.
Da verdorrte der Baum. – Ich träumte ja nur.
Auch Dich!
Mich hält keine Kette, - mich fesselt kein Bann,
Und mein Herz weint bitterlich:
O daß ich so leicht vergessen kann, -
Auch Dich! - - Auch Dich! - -
- "Auf ewig!" schwur ich Dir manchesmal,
Ich weiß noch, ich weiß, -
Doch es gibt zu viele Blüten im Tal,
Und das Leben schäumt zu heiß.
Und die Nacht ist so lang, die Sommernacht,
Da küßt es sich viel zu gut,
Wenn eines schwellenden Körpers Pracht
In meinen Armen ruht.
Dann ist mein Blut in Zauber und Bann, -
Doch mein Herz weint bitterlich:
O daß ich so leicht vergessen kann,
Auch Dich, - - auch Dich! - -
Die Favoritin
Mit ihren verträumten Augen
Unter den düsteren Brauen,
War sie die allerschönste
Von des Sultans hundert Frauen.
Mit leuchtenden Raubtierzähnen
Lacht sie ihr seliges Lachen, -
Das Lachen der Allerschönsten
Von des Sultans hundert Frauen.
Mit ihren weißen Händen
Nahm sie drei Rosenblätter,
Drei rote Rosenblätter,
So rot wie Glut und Blut.
Und in des Kleides Ausschnitt
An ihrem schimmernden Halse,
Warf sie drei Rosenblätter, - - - -
"Jetzt such' sie, Heidenhund!" - - -
- - - - - - - - - - - - - -
Und das allerletzte, das dritte,
Das dritte der Rosenblätter
Fand ich im Paradiese,
Du allerschönste Frau!