HOFFMANNSWALDAU, Christian Hoffmann von


Lust der Welt


Was ist die Lust der Welt? Nichts als ein Fastnachtsspiel,

So lange Zeit gehofft, in kurtzer Zeit verschwindet,

Da unsre Masquen uns nicht hafften, wie man will,

Und da der Anschlag nicht den Ausschlag recht empfindet.

Es gehet uns wie dem, der Feuerwercke macht,

Ein Augenblick verzehrt offt eines Jahres Sorgen;

Man schaut, wie unser Fleiß von Kindern wird verlacht,

Der Abend tadelt offt den Mittag und den Morgen.

Wir fluchen offt auf dis, was gestern war gethan,

Und was man heute küst, muß morgen eckel heissen,

Die Reimen, die ich itzt geduldig lesen kan,

Die werd ich wohl vielleicht zur Morgenzeit zerreissen.

Wir kennen uns, und dis, was unser ist, offt nicht,

Wir tretten unsern Kuß offt selbst mit steifen Füssen,

Man merckt, wie unser Wuntsch ihm selber wiederspricht,

Und wie wir Lust und Zeit als Sklaven dienen müssen.

Was ist denn diese Lust, und ihre Macht und Pracht?

Ein grosser Wunderball, mit leichtem Wind erfüllet.

Wohl diesem, der sich nur den Himmel dienstbar macht,

Weil aus dem Erdenkloß nichts als Verwirrung quillet.



Die Welt


Was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen?

Was ist die Welt und ihre ganze Pracht?

Ein schnöder Schein in kurzgefaßten Grenzen,

Ein schneller Blitz bei schwarzgewölkter Nacht,


Ein buntes Feld, da Kummerdisteln grünen,

Ein schön Spital, so voller Krankheit steckt,

Ein Sklavenhaus, da alle Menschen dienen,

Ein faules Grab, so Alabaster deckt.


Das ist der Grund, darauf wir Menschen bauen

Und was das Fleisch für einen Abgott hält.

Komm, Seele, komm und lerne weiter schauen,

Als sich erstreckt der Zirkel dieser Welt!


Streich ab von dir derselben kurzes Prangen,

Halt ihre Lust für eine schwere Last:

So wirst du leicht in diesen Port gelangen,

Da Ewigkeit und Schönheit sich umfaßt.


Vergänglichkeit der Schönheit

Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand

Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen

Der liebliche Corall der Lippen wird verbleichen;

Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand

Der Augen süsser Blitz, die Kräffte deiner Hand

Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen

Das haar, das itzund kan des Goldes Glantz erreichen

Tilget endlich tag und jahr als ein gemeines band.

Der wohlgesetzte Fuss, die lieblichen Gebärden

Die werden theils zu Staub, theils nichts und nichtig werden

Denn opfert keiner mehr der Gottheit deiner pracht.

Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen

Dein Hertze kan allein zu aller Zeit bestehen

Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.


Beschreibung vollkommener Schönheit

Ein haar so kühlich trotz der Berenice spricht
Ein mund / der rosen führt und perlen in sich heget /
Ein zünglein / so ein gifft vor tausend hertzen träget /
Zwo brüste / wo rubin durch alabaster bricht

Ein hals / der schwanen-schnee weit weit zurücke sticht
Zwey wangen / wo die pracht der Flora sich beweget
Ein blick / der blitze führt und männer niederleget
Zwey armen / derer krafft offt leuen hingerich

Ein hertz / aus welchem nichts als mein verderben quillet
Ein wort / so himmlisch ist / und mich verdammen kan
Zwey hände / derer grimm mich in den bann gethan

Und durch ein süssen gifft die seele selbst umhüllet
Ein zierrath / wie es scheint / im paradieß gemacht
Hat mich um meinen witz und meine freyheit bracht.


Die Wollust

DIe Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit /

Was kan uns mehr / denn sie / den Lebenslauf versüssen?

Sie lässet trinckbar Gold in unsre Kehle fliessen /

Und öffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit;

In Tuberosen kan sie Schnee und Eiß verkehren /

Und durch das gantze Jahr / die FrühlingsZeit gewehren.

Es schaut uns die Natur als rechte Kinder an /

Sie schenckt uns ungespart den Reichthum ihrer Brüste /

Sie öffnet einen Saal voll zimmetreicher Lüste /

Wo aus des Menschen Wunsch Erfüllung quellen kan.

Sie legt als Mutter uns / die Wollust in die Armen /

Und läst durch Lieb und Wein den kalten Geist erwarmen.

Nur das Gesetze wil allzu Tyrannisch seyn /

Es zeiget iederzeit ein widriges Gesichte /

Es macht des Menschen Lust und Freyheit gantz zunichte /

Und flöst vor süssen Most uns Wermuthtropffen ein;

Es untersteht sich uns die Augen zuverbinden /

Und alle Liebligkeit aus unser Hand zuwinden.

Die Ros’ entblösset nicht vergebens ihre Pracht /

Jeßmin wil nicht umsonst uns in die Augen lachen /

Sie wollen unser Lust sich dienst- und zinsbar machen /

Der ist sein eigen Feind / der sich zu Plagen tracht;

Wer vor die Schwanenbrust ihm Dornen wil erwehlen /

Dem muß es an Verstand und reinen Sinnen fehlen.

Was nutzet endlich uns doch Jugend / Krafft und Muth /

Wenn man den Kern der Welt nicht reichlich wil genüssen /

Und dessen Zuckerstrom läst unbeschifft verschüssen /

Die Wollust bleibet doch der Menschen höchstes Guth /

Wer hier zu Seegel geht / dem wehet das Gelücke /

Und ist verschwenderisch mit seinem Liebesblicke.

Wer Epicuren nicht vor seinen Lehrer hält /

Der hat den Weltgeschmack / und allen Witz verlohren /

Es hat ihr die Natur als Stiefsohn ihn erkohren /

Er mus ein Unmensch seyn / und Scheusaal dieser Welt;

Der meisten Lehrer Wahn erregte Zwang und Schmertzen /

Was Epicur gelehrt / das kitzelt noch die Hertzen.



Wo sind die Stunden

Wo sind die stunden

Der süssen zeit

Da ich zu erst empfunden

Wie deine lieblichkeit

Mich dir verbunden?

Sie sind verrauscht
es bleibet doch dabei

Daß alle lust vergänglich sei.


Das reine scherzen

So mich ergetzt

Und in dem tiefen herzen

Sein merkmal eingesetzt

Läst mich in schmerzen

Du hast mir mehr als deutlich kund getan

Daß freundlichkeit nicht ankern kan.


Das angedenken

Der zucker-lust

Will mich in angst versenken.

Es will verdammte kost

Uns zeitlich kränken

Was man geschmeckt

und nicht mehr schmecken soll

Ist freudenleer und jammervoll.


Empfangne küsse

Ambrirter saft

Verbleibt nicht lange süsse

Und kommt von aller kraft;

Verrauschte flüsse

Erquicken nicht. Was unsern geist erfreut

Entspringt aus gegenwärtigkeit.


Ich schwamm in freude

Der liebe hand

Spann mir ein kleid von seide

Das blat hat sich gewand

Ich geh' im leide

Ich wein' itzund daß lieb und sonnenschein

Stets voller angst und wolken sein.



Auf den Mund


Mund! der die seelen kan durch lust zusammen hetzen

Mund! der viel süsser ist als starcker himmels-wein

Mund! der du alikant des lebens schenkest ein

Mund! den ich vorziehn muß der Inden reichen schätzen

Mund! dessen balsam uns kan stärken und verletzen

Mund! der vergnügter blüht als aller rosen schein.

Mund! welchem kein rubin kan gleich und ähnlich sein.

Mund! den die Gratien mit ihren quellen netzen;

Mund! Ach corallen-mund mein eintziges ergetzen!

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Auf die Bitterkeit der Liebe

Die nacht Egyptiens/ des Aetna wildes feuer/

Das wüten von der see/ der wüsten ungeheuer/

Des drachen gelbes gift/ der Garamanten sand/

Des neuen Zembles eyß/ der höllen heisser brand/

Der Scythen haupt-gefahr/ der donner-berge grausen/

Des Caucasus verdruß/ des norden kaltes sausen/

Ist nur ein schattenwerck und bild derselben qual/

Damit die Venus hat gezieret ihren saal.



Op Liefde’s bitterheid

De Egyptische nacht, 't wildvuur in Etna’s krochten,

het woeden van de zee, de woestijngedrochten,

het gele drakengif, het Garamantenzand,

Zembla’s vers pakijs, de hete hellebrand,

het doodsgevaar der Scythen het donderbergse loeien,

het Kaukasusverdriet, het koude Noordergloeien,

het is gewoon een schaduwbeeld van dezelfde pijn

waarmee Venus‘ hallen gestoffeerd zijn.


( Vertaling: Z. DE MEESTER)