ROTH, Friederike



Herbstlied


Die Bäume

einsam und schlank, an der Erde

immer röter und gelber die Blätter

verwitternd in Nässe und Glut.


Zum Schlafen legen sich

die Tiere in die Erde

dunkel und dicht

still wird das Leben langer Tage.


Voll Unruhe

was das für ein Schlaf sei

freun wir uns auf die Feste im Warmen.

Die Tage wachsen nach wie Gras

und unsre Augen glühn.



Wir beide


Draußen bei den stillen, den schönen

Lippenblütlern, ach dieses Wort

(weißt du noch die alte Mühle?)

hab ich von dir, Lippenblütler

sagen gelernt. Du hast


was weiß ich

erzählt von blassen von ins Traurigzart

getauchten Farben.


Ich habe nicht zugehört.

Bloß deine Lippen mir

die weichen angesehen

so dünnhäutig damals so zart

ach, wie denn

verschwindet warum

so eine Lippenkleinigkeit?


Geh nicht fort.

Ich find dir den Ort.


Geschichten hast du erzählt

von Wolken vom herabgefallenen Mond

vom alleinigen Wind

und von der Kraft der Wörter der Töne der Farben.


Dann waren

wie denn verschwinden warum

eingezogen die Lippen ein Schnitt.


Hier steh ich. Hier

neben dir

erloschenem Bündel aus Narben.


Beide lachen wir

lange schon nicht mehr über die Kraft

der Farben.