HESSE, Hermann
Regen
Lauer Regen , Sommerregen
Rauscht von Büschen ,
rauscht von Bäumen ,
Oh , wie gut und voller Segen ,
Einmal wieder satt zu träumen !
War so lang im Hellen draussen ,
Ungewohnt ist mir dies Wogen :
In der eignen Seele hausen ,
Nirgends fremdwärts hingezogen ,
Nichts begehr ich , nichts verlang ich ,
Summe leise Kindertöne ,
Und verwundert heim gelang ich
in der Träume warme Schöne .
Herz , wie bist du wundgerissen
Und wie selig , blind zu wühlen ,
Nichts zu denken , nichts zu wissen ,
Nur zu atmen und zu fühlen !
Wie eine Welle
Wie eine Welle, die vom Schaum gekränzt
Aus blauer Flut sich voll Verlangen reckt
Und müd und schön im großen Meer verglänzt –
Wie eine Wolke, die im leisen Wind
Hinsegelnd aller Pilger Sehnsucht weckt
Und blaß und silbern in den Tag verrinnt –
Und wie ein Lied am heißen Staßenrand
Fremdtönig klingt mit wunderlichen Reim
Und dir das Herz entführt weit über Land –
So weht mein Leben flüchtig durch die Zeit,
Ist bald vertönt und mündet doch geheim
Ins Reich der Sehnsucht und der Ewigkeit.
Klage
Uns ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom,
Wir fließen willig allen Formen ein:
Dem Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom,
Wir gehn hindurch, uns treibt der Durst nach Sein.
So füllen Form um Form wir ohne Rast,
Und keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not,
Stets sind wir unterwegs, stets sind wir Gast,
Uns ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot.
Wir wissen nicht, wie Gott es mit uns meint,
Er spielt mit uns, dem Ton in seiner Hand,
Der stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint,
Der wohl geknetet wird, doch nie gebrannt.
Einmal zu Stein erstarren! Einmal dauern!
Danach ist unsre Sehnsucht ewig rege,
Und bleibt doch ewig nur ein banges Schauern,
Und wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege.
Vergänglichkeit
Vom Baum des Lebens fällt
Mir Blatt um Blatt,
O taumelbunte Welt,
Wie machst du satt,
Wie machst du satt und müd,
Wie machst du trunken!
Was heut noch glüht,
Ist bald versunken.
Bald klirrt der Wind
Über mein braunes Grab,
Über das kleine Kind
Beugt sich die Mutter herab.
Ihre Augen will ich wiedersehn,
Ihr Blick ist mein Stern,
Alles andre mag gehn und verwehn,
Alles stirbt, alles stirbt gern.
Nur die ewige Mutter bleibt,
Von der wir kamen,
Ihr spielender Finger schreibt
In die flüchtige Luft unsre Namen.
Wintertag
Manchmal scheint uns alles falsch und traurig,
Wenn wir schwach und müd in Schmerzen liegen,
Jede Regung will zur Trauer werden,
Jede Freude hat gebrochne Flügel,
Und wir lauschen sehnlich in die Weiten
Ob von dorther neue Freude käme.
Aber keine Freude kommt, kein Schicksal
Je von außen uns. Ins eigene Wesen
Müssen wir, vorsichtige Gärtner, lauschen,
Bis von dort mit Blumenangesichtern
Neue Freuden wachsen, neue Kräfte.
Der Geliebten
Wieder fällt ein Blatt von meinem Baum,
Wieder welkt von meinen Blumen eine,
Wunderlich in ungewissem Scheine
Grüßt mich meines Lebens wirrer Traum.
Dunkel blickt die Leere rings mich an,
Aber in der Wölbung Mitte lacht
Ein Gestirn voll Trost durch alle Nacht,
Nah und näher zieht es seine Bahn.
Guter Stern, der meine Nacht versüßt,
Den mein Schicksal nah und näher zieht,
Fühlst du, wie mein Herz mit stummem Lied
Dir entgegenharrt und dich begrüßt?
Sieh, noch ist voll Einsamkeit mein Blick,
Langsam nur darf ich zu dir erwachen,
Darf ich wieder weinen, wieder lachen
Und vertrauen dir und dem Geschick.
Julikinder
Wir Kinder im Juli geboren
Lieben den Duft des weißen Jasmin,
Wir wandern an blühenden Gärten hin
Still und in schwere Träume verloren.
Unser Bruder ist der scharlachene Mohn,
Der brennt in flackernden roten Schauern
Im Ährenfeld und auf den heißen Mauern,
Dann treibt seine Blätter der Wind davon.
Wie eine Julinacht will unser Leben
Traumbeladen seinen Reigen vollenden,
Träumen und heißen Erntefesten ergeben,
Kränze von Ähren und roten Mohn in den Händen.
Ein Mann von fünfzig Jahren
Von der Wiege bis zur Bahre
sind es fünfzig Jahre,
dann beginnt der Tod.
Man vertrottelt, man versauert,
man verwahrlost, man verbauert
und zum Teufel gehn die Haare.
Auch die Zähne gehen flöten,
und statt daß wir mit Entzücken
junge Mädchen an uns drücken,
lesen wir ein Buch von Goethen.
Aber einmal noch vor'm Ende
will ich so ein Kind mir fangen,
Augen hell und Locken kraus,
nehm's behutsam in die Hände,
küsse Mund und Brust und Wangen,
zieh ihm Rock und Höslein aus.
Nachher dann, in Gottes Namen,
soll der Tod mich holen. Amen.
Ich bin ein Stern
Ich bin ein Stern am Firmament,
Der die Welt betrachtet, die Welt verachtet,
Und in der eignen Glut verbrennt.
Ich bin das Meer, das nächtens stürmt,
Das klagende Meer, das opferschwer
Zu alten Sünden neue türmt.
Ich bin von Eurer Welt verbannt
Vom Stolz erzogen, vom Stolz belogen,
Ich bin ein König ohne Land.
Ich bin die stumme Leidenschaft,
Im Haus ohne Herd, im Krieg ohne Schwert,
Und krank an meiner eignen Kraft.
Wiedersehen
Hast du das ganz vergessen,
Daß einst dein Arm in meinem hing
Und Wonne unermessen
Von deiner Hand in meine Hand,
Von meinem Mund in deinen überging.
Und daß dein blondes Haar
Einst einen flüchtigen Frühling lang
Der selige Mantel meiner Liebe war,
Und daß die Welt einst duftete und klang
Die jetzt so öd verdrossen liegt,
Von keinem Liebessturm, von keiner Torheit mehr gewiegt?
Was wir einander wehe tun,
Die Zeit verweht´s, das Herz vergißt.
Die seligen Stunden aber ruhn
In einem Glanz, der ohne Ende ist.
Ravenna
Ich bin auch in Ravenna gewesen
Ist eine kleine tote Stadt;
Die Kirchen und viele Ruinen hat,
Man kann davon in den Büchern lesen
Du gehst hindurch und schaust dich um,
Die Straßen sind so trüb und nass
Und sind so tausendjährig stumm
Und überall wächst Moos und Gras.
Das ist wie alte Lieder sind.
Man hört sie an und keiner lacht
Und jeder lauscht und jeder sinnt
Hernach daran bis in die Nacht.
Die Frauen von Ravenna tragen
Mit tiefem Blick und zarter Geste
In sich ein Wissen von den Tagen
Der alten Stadt und ihrer Feste.
Die Frauen von Ravenna weinen
Wie stille Kinder: tief und leise.
Und wenn sie lachen, will es scheinen
Zu trübem Text die helle Weise.
Die Frauen von Ravenna beten
Wie Kinder: sanft und voll Genügen.
Sie können Liebesworte reden
Und selbst nicht wissen, dass sie lügen.
Die Frauen von Ravenna küssen
Seltsam und tief und hingegeben.
Und ihnen allen ist vom Leben
Nichts kund, als dass wir sterben müssen.
Manchmal
Manchmal, wenn ein Vogel ruft
Oder ein Wind geht in den Zweigen
Oder ein Hund bellt im fernsten Gehöft,
Dann muß ich lange lauschen und schweigen.
Meine Seele flieht zurück,
bis wo vor tausend vergessenen Jahren
Der Vogel und der wehende Wind
mir ähnlich und meine Brüder waren.
Meine Seele wird Baum
Und ein Tier und ein Wolkenweben.
Verwandelt und fremd kehrt sie zurück
Und fragt mich. Wie soll ich Antwort geben?
Sprache
Die Sonne spricht zu uns mit Licht,
Mit Duft und Farbe spricht die Blume,
Mit Wolken, Schnee und Regen spricht
Die Luft. Es lebt im Heiligtume
Der Welt ein unstillbarer Drang,
Der Dinge Stummheit zu durchbrechen,
In Wort, Gebärde, Farbe, Klang
Des Seins Geheimnis auszusprechen.
Hier strömt der Künste lichter Quell,
Es ringt nach Wort, nach Offenbarung,
Nach Geist die Welt und kündet hell
Aus Menschenlippen ewige Erfahrung.
Nach Sprache sehnt sich alles Leben,
In Wort und Zahl, in Farbe, Linie, Ton
Beschwört sich unser dumpfes Streben
Und baut des Sinnes immer höhern Thron.
In einer Blume Rot und Blau,
In eines Dichters Worte wendet
Nach innen sich der Schöpfung Bau,
Der stets beginnt und niemals endet.
Und wo sich Wort und Ton gesellt,
Wo Lied erklingt, Kunst sich entfaltet,
Wird jedesmal der Sinn der Welt,
Des ganzen Daseins neu gestaltet,
Und jedes Lied und jedes Buch
Und jedes Bild ist ein Enthüllen,
Ein neuer, tausendster Versuch,
Des Lebens Einheit zu erfüllen.
In diese Einheit einzugehn
Lockt euch die Dichtung, die Musik,
Der Schöpfung Vielfalt zu verstehn
Genügt ein einziger Spiegelblick.
Was uns Verworrenes begegnet,
Wird klar und einfach im Gedicht:
Die Blume lacht, die Wolke regnet,
Die Welt hat Sinn, das Stumme spricht.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den anderen,
Jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allem ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Die Welt liegt voll Schnee, Vom Birkenbaum flügelt der Rabe, Aber nirgends ein Hase, nirgends ein Reh In die Rehe bin ich so verliebt, Wenn ich doch eins fände! Ich nähm’s in die Zähne, in die Hände, Das ist das Schönste, was es gibt. Ich wäre der Holden so von herzen gut, Fräße mich tief in ihre zärtlichen Keulen, Tränke mich satt an ihrem hellroten Blut, Um nachher die ganze Nach einsam zu heulen. Sogar mit einem Hasen wär ich zufrieden, Süß schmeckt sein warmes Fleisch in der Nacht Ach, ist den alles von mir geschieden, Was das Leben ein bisschen fröhlicher macht? An meinem Schwanz ist das Haar schon grau, Auch kann ich nicht mehr ganz deutlich sehen, Schon vor Jahren starb meine Liebe Frau. Und nun trab ich und träume von Rehen, Trabe und träume von Hasen, Höre den Wind in der Winternacht blasen, Tränke mit Schnee meine brennende Kehle, Trage dem Teufel zu meine arme Seele.
|
The world lies deep in snow, The raven from the birch tree flies, But nowhere a hare, nowhere a roe, The roe -she is so dear, so sweet - If such a thing I might surprise In my embrace, my teeth would meet, What else is there beneath the skies? The lovely creature I would so treasure, And feast myself deep on her tender thigh, I would drink of her red blood full measure, Then howl till the night went by. Even a hare I would not despise; Sweet enough its warm flesh in the night. Is everything to be denied That could make life a little bright? The hair on my brush is getting grey. The sight is failing from my eyes. Years ago my dear mate died. And now I trot and dream of a roe. I trot and dream of a hare. I hear the wind of midnight howl. I cool with the snow my burning jowl, And on to the devil my wretched soul I bear.
|
Gestutzte Eiche
Wie haben sie dich, Baum, verschnitten
Wie stehst du fremd und sonderbar!
Wie hast du hundertmal gelitten,
Bis nichts in dir als Trotz und Wille war!
Ich bin wie du, mit dem verschnittnen,
Gequälten Leben brach ich nicht
Und tauche täglich aus durchlittnen
Roheiten neu die Stirn ins Licht.
Was in mir weich und zart gewesen,
Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt,
Doch unzerstörbar ist mein Wesen,
Ich bin zufrieden, bin versöhnt,
Geduldig neue Blätter treib ich
Aus Ästen hundertmal zerspellt,
Und allem Weh zu Trotze bleib ich
Verliebt in die verrückte Welt.
Bücher
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
Dort ist alles, was du brauchst,
Sonne, Stern und Mond,
Denn das Licht, danach du fragst,
In dir selber wohnt
Weisheit, die du lang gesucht
In den Büchereien,
Leuchtet jetzt aus jedem Blatt —
Denn nun ist sie dein.
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Leben einer Blume
Aus grünem Blattkreis kinderhaft beklommen
blickt sie um sich und wagt es kaum zu schauen,
fühlt sich von Wogen Lichtes aufgenommen,
spürt Tag und Sommer unbegreiflich blauen.
Es wirbt um sie das Licht, der Wind, der Falter,
im ersten Lächeln öffnet sie dem Leben
ihr banges Herz und lernt, sich hinzugeben
der Träumefolge kurzer Lebensalter.
Jetzt lacht sie voll, und ihre Farben brennen,
an den Gefäßen schwillt der goldne Staub,
sie lernt den Brand des schwülen Mittags kennen
und neigt am Abend sich erschöpft ins Laub.
Es gleicht ihr Rand dem reifen Frauenmunde,
um dessen Linien Altersahnung zittert;
heiß blüht ihr Lachen auf, an dessen Grunde
schon Sättingung und bittre Neige wittert.
Nun schrumpfen auch, nun fasern sich und hangen
die Blättchen müde überm Samenschoße.
Die Farben bleichen geisterhaft: das große
Geheimnis hält die Sterbende umfangen.
Absage
Lieber von einem Faschisten erschlagen werden
Als selber Faschist sein!
Lieber von einem Kommunisten erschlagen werden
Als selber Kommunist sein!
Wir haben den Krieg nicht vergessen. Wir wissen,
Wie das berauscht, wenn man Trommel und Pauke rührt.
Wir sind taub, wir werden nicht mitgerissen,
Wenn ihr das Volk mit dem alten Rauschgift verführt.
Wir sind weder Soldaten noch Weltverbesserer mehr,
Wir glauben nicht, dass "an unserem Wesen
Die Welt müsse genesen".
Wir sind arm, wir haben Schiffbruch gelitten,
Wir glauben alle an die hübschen Phrasen nicht mehr,
Mit denen man uns in den Krieg gepeitscht und geritten -
Auch die Euren, rote Brüder, sind Zauber und führen zu Krieg und Gas!
Auch Eure Führer sind Generäle,
Kommandieren, schreien und organisieren,
Wir aber, wir hassen das,
Wir trinken den Fusel nicht mehr,
Wir wollen Herz und Vernunft nicht verlieren,
Nicht unter roten noch weissen Fahnen marschieren.
Lieber wollen wir einsam als "Träumer" verderben
Oder unter Euren blutigen Brüderhänden sterben,
Als irgend ein Partei- und Machtglück geniessen
Und im Namen der Menschheit auf unsere Brüder schiessen!
(Als Antwort auf einige Anfragen, warum ich (Anm.: Hermann Hesse) mich nicht auf die Seite der Kommunisten stelle.)
Knarren eines geknickten Astes
Splittrig geknickter Ast,
Hangend schon Jahr um Jahr,
Trocken knarrt er im Wind sein Lied,
Ohne Laub, ohne Rinde,
Kahl, fahl, zu langen Lebens,
Zu langen Sterbens müd.
Hart klingt und zäh sein Gesang,
Klingt trotzig, klingt heimlich bang,
Noch einen Sommer,
Noch einen Winter lang.
Immer bin ich ohne Ziel gegangen
Immer bin ich ohne Ziel gegangen,
wollte nie zu einer Rast gelangen,
meine Wege schienen ohne Ende.
Endlich sah ich, daß ich nur im Kreise
wanderte, und wurde müd' der Reise.
Jener Tag war meines Lebens Wende.
Zögernd geh' ich nun dem Ziel entgegen,
denn ich weiß; auf allen meinen Wegen
steht der Tod und bietet mir die Hände.
Beim Schlafengehen
Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände, lasst von allem Tun,
Stirn, vergiss du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele, unbewacht,
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu Leben
In der nacht
An dem Gedanken bin ich oft erwacht
Daß jetzt ein Schiff geht durch die kühle Nacht
Und Meere sucht und nach Gestaden fährt,
Nach denen heiße Sehnsucht mich verzehrt.
Daß jetzt an Orten, die kein Seemann kennt,
Ein rotes Nordlicht ungesehen brennt.
Daß jetzt ein schöner fremder Frauenarm
Sich liebesuchend preßt in Kissen weiß und warm.
Daß einer, der zum Freund mir war bestimmt,
Jetzt fern im Meer ein dunkles Ende nimmt.
Daß meine Mutter, die mich nimmer kennt,
Vielleicht im Schlaf jetzt meinen Namen nennt.