RELLSTAB, Ludwig


Frühlingssehnsucht

Säuselnde Lüfte wehend so mild

Blumiger Düfte atmend erfüllt!

Wie haucht ihr mich wonnig begrüßend an!

Wie habt ihr dem pochenden Herzen getan?

Es möchte euch folgen auf luftiger Bahn!

Wohin?

Bächlein, so munter rauschend zumal,

Wollen hinunter silbern ins Tal.

Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin!

Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin

Was ziehst du mich, sehnend verlangender Sinn,

Hinab?

Grüßender Sonne spielendes Gold,

Hoffende Wonne bringest du hold!

Wie labt mich dein selig begrüßendes Bild!

Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild

Und hat mir das Auge mit Tränen gefüllt!

Warum?

Grünend umkränzet Wälder und Höh'!

Schimmernd erglänzet Blütenschnee!

So dränget sich alles zum bräutlichen Licht;

Es schwellen die Keime, die Knospe bricht;

Sie haben gefunden, was ihnen gebricht:

Und du?

Rastloses Sehnen! Wünschendes Herz,

Immer nur Tränen, Klage und Schmerz?

Auch ich bin mir schwellender Triebe bewußt!

Wer stillet mir endlich die drängende Lust?

Nur du befreist den Lenz in der Brust,

Nur du.


Ständchen

Leise flehen meine Lieder

Durch die Nacht zu dir;

In den stillen Hain hernieder,

Liebchen, komm zu mir!

Flüsternd schlanke Wipfel rauschen

In des Mondes Licht;

Des Verräters feindlich Lauschen

Fürchte, Holde, nicht.

Hörst die Nachtigallen schlagen?

Ach! sie flehen dich,

Mit der Töne süßen Klagen

Flehen sie für mich.

Sie verstehn des Busens Sehnen,

Kennen Liebesschmerz,

Rühren mit den Silbertönen

Jedes weiche Herz.

Laß auch dir die Brust bewegen,

Liebchen, höre mich!

Bebend harr’ ich dir entgegen!

Komm, beglücke mich!