EWALD, Johann Joachim


Der Schäfer zu dem Bürger


Du schläfst auf weichen Betten, ich schlaf auf weichem Klee,

Du siehest dich im Spiegel, ich mich in stiller See;

Du trittst auf Fußtapeten, ich tret' auf sanftes Graß;

Dich tränken theure Weine, mich tränkt ein wohlfeil Naß;

Du wohnst in bangen Mauren, ich wohn auf freyer Flur;

Für dich mahlt Pesn' und Hempel, für mich mahlt die Natur;

Du bist oft siech für Wollust, ich bleibe stets gesund;

Dich schützt für Geld ein Schweizer, mich schützt mein treuer Hund;

Du schlummerst ein bey Sayten, ich bey dem Wasserfall;

Du hörst Castrat und Geiger, ich Lerch und Nachtigal;

Dein Auge sieht oft finster, das meine bleibet hell;

Dein Mädchen glänzt von Schminke, mein Mädchen glänzt vom Quell!