ZENETTI, Lothar


Das Weizenkorn muß sterben

Das Weizenkorn muß sterben,

sonst bleibt es ja allein;

der eine lebt vom andern,

für sich kann keiner sein.


Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.


So gab der Herr sein Leben,

verschenkte sich wie Brot.

Wer dieses Brot genommen,

verkündet seinen Tod.


Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.


Wer dies Geheimnis feiert,

soll selber sein wie Brot;

so läßt er sich verzehren

von aller Menschennot.


Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.


Als Brot für viele Menschen

hat uns der Herr erwählt;

wir leben füreinander,

und nur die Liebe zählt.


Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.


Was keiner wagt

Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.

Was keiner sagt, das sagt heraus.

Was keiner denkt, das wagt zu denken.

Was keiner anfängt, das führt aus.


Wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s sagen.

Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein.

Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.

Wenn alle mittun, steht allein.


Wo alle loben, habt Bedenken.

Wo alle spotten, spottet nicht.

Wo alle geizen, wagt zu schenken.

Wo alles dunkel ist, macht Licht.


Liebeslied von Mann und Frau


Wir sind uns fern und sind uns doch nahe,

wo ich auch bin, ich denke an dich:

So wie du bist, so will ich dich lieben,

so wie ich bin, so liebe mich!


Jahre, die gehn, und Jahre, die kommen,

war es ein Traum, der mit uns begann?

Gestern ist heut, und heute ist morgen,

ich bin bei dir und seh dich an.


Frage den Schnee, er kennt unsre Spuren,

frage den See in Sonne und Wind.

Frage dich selbst, wirst du es vergessen,

wie wir uns nah gewesen sind?


Daß es dich gibt und daß ich dich kenne,

daß ich dich fand, wie ist das geschehn?

Wer hat gewollt, daß wir uns begegnen?

Liebe ist mehr als wir verstehn.


Wir sind uns fern und sind uns doch nahe,

wo ich auch bin, ich denke an dich:

So wie du bist, so will ich dich lieben,

so wie ich bin, so liebe mich!


Wir kommen und gehen


Wir kommen und gehen

Wolken im Wind

wer kann es verstehen

wozu wir sind?


Wir kommen und gehen

Spuren im Sand

die Spuren verwehen

keinem bekannt


Wir gehen und wandern

wer treibt uns voran

von einem zum andern

wer zieht uns an?


Wir gehen und hoffen

gegen den Schein

die Zukunft ist offen

sind wir nicht sein?