MUCKE, Dieter
Unerhörte Begebenheit
Ein Maler malte Menschen
Die ohne Flugzeug flogen
Und so wie wilde Schwäne
Über den Himmel zogen.
Da sagte man dem Maler
Er sei wohl nicht gescheit
Denn ohne Flugzeug fliege
Kein Mensch in Wirklichkeit.
Der Maler nahm sein Bild
Und sagte nicht ein Wort
Hielt es wie einen Drachen
Und flog im Herbstwind fort.
Winter
Die Bäume kralln sich in den Himmel und die Erde
Wie schwarze Blitze, die am Horizont erstarrten
Gebannt auf einen Negativfilm in Totalvision
Wo sie auf Frühlingsstürme und -gewitter warten.
Doch eine weiße Krähe streift mit ihren Schwingen
Die ausgefranst quer durch die Landschaft fahren
Die letzte Hoffnung aus den totgehexten Bäumen.
Der nächste Frühling kommt erst wieder in zehn Jahren.
Sommerregen
Die Vögel singen im Regen
wohl ihre schönsten Lieder.
Die Regentropfen und Töne
fallen wie Perlen nieder.
Sie rollen zwischen die Gräser.
Die Wurzeln saugen sie auf.
Die Blumen strömen die Lieder
als Blütenduft wieder aus.
Abendlandschaft
Vom wunden Sonnenauge immer noch entzündet
Ins Dunkelrot die Bäume tiefschwarz eingebrannt
Ein Himmel, der von fernen Feuersbrünsten kündet.
Der Fluss strömt flammend durch das aufgerissne Land.
Personenzüge rauschen über lange Brücken.
Das Kunstlicht der Abteile leuchtet phosphorgrün.
An Fensterreihen sitzen Menschen und erblicken
Wildentenkeile, die wie Bomberstaffeln ziehn.