BERNH
ARD, Thomas
…..
die mit dem roten Haar,
mit der langen Zunge,
die mit dem Rübenmesser,
mit der kranken Lunge,
die mit dem weißen Schleier
im schwarzen Tor,
die mit dem langen Hals,
die mit dem abgeschnittenen Ohr,
die mit dem Rosenkranzzählen,
mit den Äpfeln, den Birnen,
die mit den gelben, weißen
leeren Stirnen,
die mit der Angst vor dem Arzt,
die mit dem Kohlblätterhut,
die in das Tümpelwasser
tropfen läßt ihr Blut,
…..
Unten liegt die Stadt
Unten liegt die Stadt,
du brauchst nicht wiederkommen,
denn ihr Leichnam ist von Blüten übersät.
Morgen spricht der Fluß.
Die Berge sind verschwommen,
doch der Frühling kommt zu spät.
Unten liegt die Stadt
Du merkst dir nicht die Namen.
Aus den Wäldern fließt der schwarze Wein.
Und die Nacht verstummt.
Die kranken Vögel kamen.
Und du kehrst nur mehr in Trauer ein.
Mein Weltenstück
Vieltausendmal derselbe Blick
Durchs Fenster in mein Weltenstück
Ein Apfelbaum im blassen Grün
Und drüber tausendfaches Blühn,
So an den Himmel angelehnt,
Ein Wolkenband, weit ausgedehnt …
Der Kinder Nachmittagsgeschrei,
Als ob die Welt nur Kindheit sei;
Ein Wagen fährt, ein Alter steht
Und wartet bis sein Tag vergeht,
Leicht aus dem Schornstein auf dem Dach
Schwebt unser Rauch den Wolken nach …
Ein Vogel singt, und zwei und drei,
Der Schmetterling fliegt rasch vorbei,
Die Hühner fressen, Hähne krähn,
Ja lauter fremde Menschen gehn
Im Sonnenschein, jahrein, jahraus
Vorbei an unserem alten Haus.
Die Wäsche flattert auf dem Strick
Und drüber träumt ein Mensch vom Glück,
Im Keller weint ein armer Mann,
Weil er kein Lied mehr singen kann …
So ist es ungefähr bei Tag,
Und jeder neue Glockenschlag
Bringt tausendmal denselben Blick,
Durchs Fenster in mein Weltenstück …
Wild wächst die Blume meines Zorns
Wild wächst die Blume meines Zorns
und jeder sieht den Dorn
der in den Himmel sticht
das Blut aus meiner Sonne tropft
es wächst die Blume meiner Bitternis
aus diesem Gras
das meine Füße wäscht
mein Brot
oh Herr
die eitle Blume
die im Rad der Nacht erstickt
die Blume meines Weizens Herr
die Blume meiner Seele
Gott, verachte mich
ich bin von dieser Blume krank
die rot im Hirn mir blüht
über mein Leid.
Heimkehr
Durch die Ebene geht es hinaus,
fremd sind sie alle, der Baum und das Haus.
Mir schwankt das Land, auf dunklen Höhn
seh ich wie Grazien Wolken gehn…
Die Täler fließen in das Grün,
wo sich die alten Bauern mühn.
Die Höfe werden langsam klein.
Bald wir es gut und Abend sein,
bald bin ich dort, nur noch das Band
der Hügel und den fernen Rand,
die Zwiebeltürme, die verstreut
ins Blaue ragen – welche Zeit!
O wunderbarer Augenblick!
Nicht ein Gedanke geht zurück…
Die Welt da hinten war nicht gut.
Noch treibt sie endlos mir im Blut,
und wieder spür ichs, wie sie krankt,
da meine Seele heimwärts wankt…
Fort! Fort! Wie Schuppen fällt das Dunkel ab.
So steigt der Mensch aus seinem Grab.
Das Heu, die Ruh – ich darf hinein –
Fürs ganze Leben soll es sein!
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Dein Grab
wird im Süden
gegraben,
dein Tod
wird im Süden
wehn,
dein Gesicht
ist von disteln zerrissen,
dein Krug
ist von Vögl zerstört.
Dein Grab
wird im Süden
gegraben,
dein Tod
wird im Süden
wehn.
Dein Tal
wird dich vergessen.
Du kommst
Nicht mehr.
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Das blanke Eisen des Mondes
wird dich töten und der starre
Fuß eines Riesenvogels
dem du
deine Trauer anvertraut hast
im Winter.
Der Wald wird seine Knochen
in Unruhe wickeln,
und dich niederwerfen
der Wind
der aus dem wei‚en Versteck
zerfallener Rehe
zustößt.
Die Sonne wird ihr Wundenmal
vergraben
hinter den sterbenden Stämmen
und deiner Lippen Feuer
flammen
zu lachenden Blüt
des Todes.